Ausgrabungen auf dem Kohlenberg

Thomas Friedrich: Die einstigen Ausgrabungen auf dem Kohlenberg bei Brandis

Der Rundblick, Jahrgang 3, Heft 5/6 (1. Und 15. März 1956), Seite 152

Auf dem Brandiser Kohlenberge sind im Jahre 1943 umfangreiche Vermessungen und Ausgrabungen vorgenommen worden, um dort ein größeres von den Illyrern angelegtes Hügelgrab nahe der oberen Kante des westlichen Steinbruches, das durch den Abbau gefährdet war, zu erforschen.

Das Institut für Vor- und Frühgeschichte der Universität Leipzig und das Museum für Völkerkunde in Leipzig begannen gegen Mitte Juni 1943 unter Leitung von Dr. Jorns mit den Arbeiten. Ich selbst kann mich noch gut erinnern, wie wir eines schönen Tages mit einem Theodoliten, mit Meßlatten, Bandmaßen und anderem Zubehör auf dem Kohlenberge eintrafen und mit der Arbeit begannen. Zuerst mußten Bäume gefällt, dann das Erdreich abgetragen werden, und schließlich wurde dann die Steinpackung sorgfältig abgehoben, wobei Profile stehen blieben, die dann die Studenten zeichneten. Erst nach längerer Arbeit fanden wir in ziemlicher Tiefe Urnen- und Gebeinreste.

Im Zusammenhange mit diesen Arbeiten wurde auch damals das gesamte Gebiet des Kohlenberges nach vorgeschichtlichen Gräbern systematisch untersucht. So wurden in den ersten Juliwochen des Jahres 1943 weit mehr als 26 Gräber ausfindig gemacht. (Siehe hierzu „Rundblick“ Heft 8/55, Seite 159.) Soweit ich mich erinnere, waren es 33 sowie noch eine Anzahl ältere Anlagen, die damals als steinzeitliche, teilweise eingeebnete und durch Wegebau zerstörte Gräber angesehen wurden. Des weiteren wurde noch eine merkwürdige kellerartige Grube (südöstlich des trigonometrischen Punktes, an einer nach Süden führenden Schneise) nachgewiesen, deren Zweck damals nicht recht ersichtlich war.

Ebenfalls nach Südosten zu, aber noch auf ziemlicher Höhe, entdeckten wir eine frühmittelalterliche Burganlage. Beide Objekte wurden ebenfalls mit vermessen. Leider dürften die Messunterlagen nicht mehr oder nur lückenhaft vorhanden sein, denn schon kurze Zeit später konnte ich infolge des Krieges keine Verbindung mehr mit Herrn Dengler aus Dresden bekommen. Vermutlich wurden die Unterlagen bei der Zerstörung Dresdens mit vernichtet, wie ja auch in Leipzig in der ehemaligen Annenschule, auf der Moritzbastei und im Fridericianum der Universität umfangreiche Sammlungen zerstört wurden.

Ein weiteres Objekt sei zum Schluss noch genannt. Es ist das sogenannte „Güntherschlösschen“ östlich der Eisenbahn nach Ammelshain. Es war eine kreisrunde Wallanlage, die, noch 1943 von einem Bächlein gespeist, einen urtümlichen Eindruck erweckte. Auch sie ist eine frühgeschichtliche Befestigungsanlage.

Heute nun, wo nicht mehr nazistische Auffassungen der exakten wissenschaftlichen Forschung und Tätigkeit hemmend im Wege stehen, wo es nicht mehr gewissen Gelehrten „peinlich“ war, wenn die Grabungsergebnisse nicht Germanen, sondern Illyrer oder Slawen nachweisen, sollten wir viel mehr nach solchen Zeugen früherer Kulturepochen suchen und vergessenen Dingen nachspüren. Gerade die Waldungen im Grimmaer und Wurzener Land dürften noch weitere Objekte aus früheren Jahrtausenden bergen.

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